Kuh-Projekt

Kühe halten

Ulrich Daniel
Ulmer Verlag, Stuttgart, 4. Auflage 2011, 190 Seiten, 58 Farbfotos, 36 Zeichnungen, 20 Tabellen, gebunden, € 29,90

Erscheint ein Buch in vierter Auflage, das sich an eine Zielgruppe wendet, deren Individuenzahl diejenige von vom Aussterben bedrohten Rinderrassen nicht übersteigt, so ist allen diese Tatsache schon der Aufmerksamkeit wert. An erster Stelle versteht sich „Kühe halten“ als Ratgeber für Hobby- und Nebenerwerbshalter von Milchkühen. Derer dürfte es im deutschsprachigen Raum wahrlich nicht all zu viele geben, was begründet dann die hohe Auflagenzahl?

 

Außer der erwähnten Zielgruppe gibt es noch mehr Menschen, die sich für das Thema „Rind“ interessieren, allgemein zugängliche Literatur finden sie jedoch kaum (es sei hier nochmals an die neben dem „Sambraus“ einzig aktuelle Ausnahme, „Fleischrinder und Mutterkuhhaltung“, ebenfalls bei Ulmer erschienen, hingewiesen). Ein erster Grund für das verstärkte Interesse dürfte also an diesem Mangel liegen. Deckt das Buch dieses weitere Bedürfnis ab? Im Großen und Ganzen: ja. Sein Hauptthema ist das Tier an sich, dem sich Daniel engagiert und in flüssiger Sprache (einige Flapsigkeiten hätte er sich allerdings ersparen können) widmet, spezielle organisatorisch-strukturelle Fragen werden angeschnitten, stehen aber eher im Hintergrund.

 

In die Physiognomie des Rindes, insbesondere in die seiner Verdauungsorgane und in seine Ernährungsansprüche wird profund eingeführt, ein kleiner Abschnitt widmet sich seinem Sozialverhalten. Ergänzend werden einige (dem Autoren) wichtige Rinderrassen vorgestellt und die Züchtungsproblematik angeschnitten. Ein eigenes umfangreiches Kapitel widmet sich der Kuh und ihrem Nachwuchs. Dass dem Schlusskapitel „Die Kuh und die Verwaltung“ ganze fünf Seiten gewidmet sind, zeigt, dass der Schwerpunkt des Buches nicht auf diesem Bereich liegt. Das vorangehende schöne Kapitel „Kuh und ihre Produkte“ umfasst dagegen 24 Seiten.

 

Wie angedeutet, liest sich das Buch recht angenehm. Die immer wieder eingeschobenen grün unterlegten Kästchen zur knappen Zusatzinformation sind hilfreich, wenn ihr inflationärer Gebrach auch dann und wann das Lesevergnügen dämpft. Die 20 Tabellen sind überwiegend leicht verständlich, erschließen sich aber meist nur aus dem Textzusammenhang. So haben wir es hier mit keinem trockenen Lehr- oder Nachschlagewerk zu tun, sondern mit einer flott geschriebenen Monografie, die ihren Faktenreichtum eher erzählend als dozierend preisgibt. Sie lädt zur durchgängigen Lektüre ein, an deren Ende die Leserin, der Leser dann entscheiden mag, ob an der im ersten Kapitel vorsichtig ausgesprochenen Warnung vor der Kuhhaltung nicht doch etwas dran sein könnte.

 

Der Rezensent selbst hat alle dahingehenden Warnungen glimpflich überhört, eine kleine Anmerkung aus praktischer Erfahrung sei ihm erlaubt: An einer Stelle schildert Daniel die Lagerung von unabgedeckten Heuballen im Freien als unbedenklich. Werte Anfänger in der Rinderhaltung, überlesen Sie diese Stelle bitte!

Dr. Harald Wölfel-Schramm