Hinterwälder
Das Hirschvieh aus dem Schwarzwald
Die sehr alte Rinderrasse Hinterwälder ist im Südschwarzwald heimisch. Hinterwälder sind an das raue Klima und an die Landschaft angepasst, die sie umgekehrt mit prägten. Sie sind die kleinste mitteleuropäische Rinderrasse und waren früher unter dem Namen "Hirschvieh" bekannt. Die sehr beweglichen und geländegängigen Kühe haben lange, geschwungene Hörner und eine rehbraune Färbung des Fells, mit weißen Beinen, weißer Brust und weißem Kopf (Bild links, erfahrene Hinterwälder Leitkuh). Eigentlich ist "Hirschvieh" ein guter Name für die edel aussehende, feingliedrige, für steile Hänge und Bergwälder (Bilder unten: Steilhänge im Schwarzwald) bestens ausgestattete Kuhrasse.
Vom Aussterben bedroht
Obwohl Hinterwälder die langlebigste deutsche Rinderrasse sind, waren die schönen Kühe in den 1970er Jahren vom Aussterben bedroht.
Viele Jahrzehnte hat die Intensivierung der Landwirtschaft dazu geführt, dass Kuhrassen immer größer wurden. Man wollte eine höhere Ausbeute an Fleisch und Milch pro Kuh, so dass Hinterwälder bei uns selten wurden. Eine Hinterwälder-Kuh erreicht nämlich nur eine Schulterhöhe von 120 Zentimetern, ein Stier von 130 Zentimetern. Das im Aussehen ähnliche Fleckvieh ist 20 bis 30 Zentimeter größer und 300 bis 500 Kilo schwerer als die Hinterwälder!
Es gab jedoch eine Nachfrage nach Hinterwälder-Kühen für Herden in Österreich und der Schweiz sowie in manchen Entwicklungsländern, denn die Schwarzwälder Kühe sind nicht nur klein und leicht sondern auch sehr genügsam, gutmütig, vital und robust. Daneben geben sie gute, gesunde Milch, die sich bestens für Käse eignet.
Die Fleischqualität des Hinterwälder-Viehs wird von Gourmets gepriesen, das Fleisch regional in der Gastronomie angeboten.
Landschaftspfleger in Biosphärenreservat und Nationalpark
Die Hinterwälder-Rasse wird heute auch aus anderen Gründen immer beliebter. Die mit 400 Kilogramm Körpergewicht sehr leichten Kühe verursachen in der empfindlichen Vegetation von Hochlagen keine Trittschäden. Gleichzeitig können sie von kaum verdaulichem Futter und - ähnlich wie Ziegen - von holzigen Teilen leben (Bild 1 und Umschaltbild 2 rechts: Landschaftspflege mit Hinterwäldern im Südschwarzwald). Von solchem Futter würden moderne Kuhrassen verhungern. Dabei geben die Hinterwälder trotzdem fette Milch und bekommen in ihrem Kuhleben 10 bis 15 Kälber; im Einzelfall sogar 18 Kälber. Durch den Almbetrieb wurden die schönen freien Hochflächen des Südschwarzwaldes geschaffen - heute ein Biosphärenreservat. Ohne Hinterwälder müssten viele Wiesen an Hängen oder zwischen Bäumen von Hand gemäht werden. Zum gegenseitigen Nutzen können die kleinen Kühe unter Naturschutz stehende Biotope beweiden und offenhalten.
Grinden
Eine edle Aufgabe der Hinterwälder ist die Landschaftspflege im Nationalpark Schwarzwald. Die einst durch Beweidung aus dem Wald entstandenen lichten Hochlagen mit Latschenkiefern und Heidekraut nennt man Grinden (Bild rechts). Die Grinden sind zum Lebensraum des Auerhahns geworden. Die vom Aussterben bedrohten und durch die Rote Liste geschützten Auerhühner im Nationalpark Schwarzwald profitieren also von Hinterwälder-Kühen.